Rückblick – Bildungspolitische Diskussionsveranstaltung

Veröffentlicht am 19.11.2014 in Unterwegs

„Ganztagsschulen machen schlau. Clever für ein gutes Land“ unter diesem Titel lud Gabi Rolland am 17.11. zu einer bildungspolitischen Diskussionsveranstaltung ein. In der Mensa der Hebelschule hatte das Publikum die Möglichkeit, mit Fachleuten ins Gespräch zu kommen.

Den Einstieg ins Thema machte Abgeordnetenkollege Christoph Bayer, Sprecher für frühkindliche Bildung, mit einer Zusammenfassung des „Bildungsaufbruchs“, der 2007 zum ersten Mal von der Fraktion formuliert wurde. Er hob dabei die zentralen Ansprüche an den Bildungsaufbruch heraus, die er kurz in fünf Thesen skizzierte. Demnach müsse der Bildungsaufbruch konkrete Antworten geben auf die bildungspolitischen Herausforderungen. Zudem brauche der Bildungsaufbruch einen breiten Bildungsbegriff, der auf den Bereichen „Bildung-Betreuung-Erziehung“ beruhe. Er müsse mehr sein als eine reine Schuldiskussion und folgenden Anspruch erfüllen: „Bessere Bildung für alle von Anfang an, ein Leben lang.“

Die gute Nachricht, die Christoph Bayer verkünden konnte: es wird massive Investitionen im Bildungsbereich geben, 11,4 Mrd. Euro zusätzlich im neuen Haushalt. Die Notwendigkeit zu investieren, hänge mit Versäumnissen zusammen, beispielsweise im Krippenausbau. Für die Ganztagesschulen werden im aktuellen Doppelhaushalt 185 Mio. Euro eingestellt, auch zur Verwirklichung des Inklusionsgedankens. Die Ganztagesschulen sollen zum Regelangebot werden. Aktuell lägen 180 Anträge von Schulen vor.

Nach dieser Einführung berichtete Birgit Schumann, Vorsitzende des Gesamtelternbeirates (GEB) der Freiburger Schulen, von der Erarbeitung eines Positionspapiers. In diesem fordert der GEB den schnelleren Ausbau von Ganztagesschulen, der im Moment noch viel zu langsam von statten gehe.
Eine Ganztagsschule pro Doppelhaushalt in Freiburg sei zu wenig. Frau Schumann forderte hierbei Unterstützung vom Land. Ein weiterer Punkt, den die GEB-Vorsitzende ansprach, war die Schwierigkeit vieler Eltern, den Begriff „Ganztagsschule“ zu füllen. Was bedeutet er konkret? Es kämen Fragen auf wie: „Wann sehe ich mein Kind?“
Rolf Wiehe, Vorstand im Freiburger Bündnis „Eine Schule für alle“, plädierte für die Einführung der gebundenen Ganztagsschule. Hier sei die Chancengerechtigkeit höher und die Schüler könnten besser gefördert werden. Im Blick behalten werden müsse jedoch auch die Gefahr der zu großen Fremdbestimmung der Kinder: die Schüler müssten noch genügend Raum für sich selbst haben.

Peter Fels von der GEW Baden-Württemberg und selbst Realschullehrer, machte deutlich, dass die GEW versuche, auf Veränderungen zu reagieren. In der Zeit, die die Kinder in der Schule verbringen, solle nicht nur gelernt, sondern auch gelebt werden. Er hob die vielen guten Ansätze hervor, die es dabei gibt, wie beispielsweise die Inklusion. Fels forderte im weiteren Verlauf seiner Ausführungen eine Standortprüfung, bevor eine Konzepterstellung durch das Kollegium stattfinde. Eine Nichtgenehmigung nach erstelltem Konzept erzeuge Frust. Auch er sprach sich für die gebundene Form der Ganztagsschule aus.

Mit diesem Statement ging es in die Diskussion mit dem Publikum. Eine Mutter, Elternbeirätin an der Turnseeschule, machte die Anmerkung, dass sie die Wahlfreiheit haben möchte, wann sie ihr Kind abhole. Hieraus ergab sich ein Austausch mit dem Ergebnis, dass Eltern noch besser darüber informiert werden müssen, was ihr Kind im „Lebensraum Schule“ mache und das Vertrauen entwickeln, dass es gut versorgt ist. Auch brauche es neue Informationssysteme von Lehrern zu Eltern.
Frau Schumann warf ein, dass ihrer Meinung nach die Schulen die Entscheidung zur Ganztagsschule treffen sollten, da es unterschiedliche Voraussetzungen gebe und der Rückhalt in der Elternschaft entscheidend sei. Die Diskussion wandte sich dann noch den Themen Inklusion, LRS, sinnvolle Krankheitsvertretung und dem Begriff der „Deputate“ zu, der sich glücklicherweise im Bewusstsein der Lehrerschaft in der Auflösung befinde. Es gibt neue Verabredungen zur Lehrerarbeitszeit. Mit der Ganztagesschule verbringen die Lehrer ihren gesamten Arbeitstag an der Schule.
Weiteren Raum nahm im Anschluss nochmals das Thema der Diskrepanz zwischen dem Elternwillen und der Einführung der Ganztagesschulen ein. Hier kam von Christoph Bayer die Anregung, als „Umstellungsbetrieb“ das Modell beispielsweise zunächst nur an drei Tagen pro Woche zu leben. Im Hintergrund stehe auch immer der Spagat zwischen der Einhaltung der Schuldenbremse einerseits und der Generierung neuer Ansprüche andererseits.


Der Einwand eines Musikschullehrers aus dem Publikum beleuchtete das Thema der „non-formalen-Bereiche“, deren Einplanung oft nicht bedacht werde. Dazu gehörten sowohl Räume als auch externe Fachleute.
Zum Abschluss der Veranstaltung stellte Gabi Rolland den Gästen auf dem Podium die Frage, welche beiden Punkte Ihnen wichtig seien, in der Zukunft diskutiert und weiterentwickelt zu werden. Für Peter Fels von der GEW war der erste Punkt ein Umdenken in der Gesellschaft: Bildung müsse als wichtigstes Gut gesehen werden, das nur gemeinsam vorangebracht werden könne. Jeder Einzelne müsse das mittragen. Als zweiten Punkt benannte er die Bereitstellung von Ressourcen.Rolf Wiehe warf zwei Fragen in den Raum: Warum ist Freiburg Schlusslicht beim Thema Gemeinschaftsschule? Für die GEB-Vorsitzende Birgit Schumann sollte der Begriff der Inklusion weiter gefasst werden. Ihrer Ansicht nach müsse eine positive Grundhaltung dazu entwickelt werden. Ihr zweiter Punkt war das Thema Unterrichts- bzw. Krankheitsversorgung.

Gabi Rolland sah die dringende Notwendigkeit der besseren Aufklärung und Information der Eltern zum Thema Ganztagsschulen sowie die anstehende Neuorganisation der Lehrerbildung.