Am 5.4. besuchte uns beim Runden Tisch „Klimaschutz – sozial gerecht“ Prof. Dr. Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings. Er sprach unter dem Titel „Schluss mit Ja, aber – mehr Naturschutz durch mehr Energiewende“ über eine neue Art, Naturschutz, Landwirtschaft und Energiewinde gewinnbringend zusammen zu denken.
Einfluss aktueller Lage (Russische Invasion der Ukraine) auf das Themen Energiewende, Landwirtschaft, Naturschutz
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deutsche Abhängigkeit von Energielieferungen aus Russland (Gas, Steinkohle, Rohöl),
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Kornkammer Ukraine und Russland als Kornkammer der Welt → Preissteigerungen in Europa, drohende Hungerkatastrophe weltweit
→ führt die Krise zu einem Rollback oder gelingt es uns, die Transformation (Ernährungs- und Energiesouveränität) zu beschleunigen?
→ drei wegweisende Schlaglichter, wie wir Energiewende, Ernährungswende und Naturschutz verbinden und somit voranbringen kann.
Interessensausgleich statt Kompromiss
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Veränderung der Art, Politik zu machen; Kohle-Kommission als Kompromiss; besser Interessensausgleiche statt Kompromiss
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Beispiel Landwirtschaft: gesunde, bezahlbare Lebensmittel ist ein ebenso wichtiges Ziel wie gutes Auskommen der Landwirte, Ende des Verlusts der Biodiversität und die Einhaltung der Klimaziele in der Landwirtschaft, ähnlich in Energiesektor
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Windenergie; Naturschutz vs. Energiewende; sieht man irgendwo einen Rotmilan (o. andere Vögel), kommt der Ausbau der Windenergie zum Erliegen → wie lösen wir das Problem?
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Das Problem des Rotmilans ist nicht das Windrad, aber der Rotmilan ist für den Ausbau der Windenergie geworden;
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Problem des Rotmilans: ausgeräumte Kulturlandschaft, er findet nichts mehr zu fressen in der Fläche, Windräder kommen für die verminderten Bestände nur oben drauf;
→ Interessensausgleich: das Problem da lösen, wo es entsteht: In der Fläche Rückzugsorte schaffen → Zukunftskommission Landwirtschaft hat beschlossen, dass 10 % der intensiv genutzten Landwirtschaft künftig stärker für die biologische Vielfalt genutzt werden soll (Kosten 600 Mio – 1 Mrd./Jahr); wenn dies umgesetzt wird, können wir an anderer Stelle mit besserem Gewissen Windräder ausbauen, da wir davon ausgehen können, dass die Rotmilanbestände gesichert sind.
→ Stärkung Naturschutz und Stärkung Energiewende
Nicht nur besser, sondern auch anders machen
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Klimakrise: letzte Bundesregierung hat beschlossen, 2045 klimaneutral zu sein (sehr bald!)
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bezahlbares Getreide → dafür mehr Naturschutzflächen aufgeben? aber: 60 % der Agrarfläche wird für Tierfutter verwendet (Tiere gehen zum Teil in den Export) → Getreide lieber auf den Teller als in den Trog (oder in den Tank durch Agrosprit, bzw. für Biogas: 10 % der Äcker für Biogasproduktion, durch PV-Anlagen auf gleicher Fläche 100-200 x so viel Energie wie durch Energiepflanzen)
Vom Verschlechterungsverbot zum Verbesserungsgebot
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In naher Zukunft massiver Ausbau von Infrastruktur nötig, etwa Windräder, PV-Anlagen (Dächer und in der Landschaft), Bahnstrecken
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bisher bei diesen Projekten Verschlechterungsverbot festgeschrieben: Eingriff muss an anderer Stelle ausgeglichen werden; Natur ist aber schon stark belastet, deshalb: Verbesserungsgebot, d.h. Schaden nicht nur an anderer Stelle ausgleichen, sondern dort den Zustand der Natur auch verbessern
- Beispiel: Tesla-Giga-Factory in Brandenburg; einiges schief gelaufen, aber manches auch richtig, darunter: abgeholzter Kiefernforst (für Amazon-Kartons) an anderer Stelle Aufforstung durch Laubmischwald → biologisch sinnvoller und zugleich erhöhter ästhetischer Reiz → Ausbau von Infrastruktur führt zu verbesserter Umwelt
Auf den Impuls von Kai Niebert folgte eine Diskussion u.a. zu Energieautarkie Energiepartnerschaften mit dem globalen Süden, Probleme bei der Implementierung von Agri-PV (notwendige Bodenrechtsreform), Verbesserung der Biodiversität, Verkürzung der Genehmigungszeiten der Windenergie (Abschaffung Widerspruchsregelung in Baden-Württemberg), Energieeffizienz und Verminderung von Energieverbrauch, Korrelation von Einkommensungleichheit und ökologischen Fußabdruck