Ergebnisprotokoll Runder Tisch „Klimaschutz – sozial gerecht“, 3.10.2021, Klimawandel gestern und heute

Veröffentlicht am 06.10.2021 in Aktuelles

Am vergangenen Dienstag hatten wir bei unserem Runden Tisch „Klimaschutz – sozial gerecht“ Felix Martin Hofmann zu Gast. Er promoviert an der Uni Freiburg über die Vergletscherung des Schwarzwalds in der letzten Eiszeit und gab uns einen Überblick über die natürlichen Klimaveränderungen der Vergangenheit und die menschengemachten Veränderungen der CO2-Konzentration in der Atmosphäre und den daraus resultierenden Klimawandel. Außerdem sprach er über gängige (falsche) Argumente von Klimawandelskeptikern, aber auch von Klimaschützern.

 

 

Klimawandel gestern und heute

  • Aus aktuellem Anlass: Ist der Golfstrom schon einmal gekippt? → Ja, vor ca. 13.000 Jahren kollabierte der Golfstrom durch Schmelzen eines Eissees in Nordamerika, dies führte zu Abkühlung der Temperatur um 10 Grad in der Polarregion (4 Grad Abkühlung in Zentraleuropa in der Sommertemperatur); ähnlicher Fall noch einmal vor 8.000 Jahren.

  • In den letzten 60 Mio. Jahren kam es zu einer allgemeinen Klimaabkühlung, wir leben in einer verhältnismäßig kühlen Periode der Erdgeschichte (siehe Pleistozän, Periode der Eiszeiten).

  • Allgemein besteht ein Wechsel zwischen Kalt- und Warmzeiten in den letzten 2,7 Mio. Jahren. Dies beruht auf drei Parametern (zuerst herausgearbeitet durch Milutin Milanković): Mal rundere, mal elliptischere Erdumlaufbahn um die Sonne (schwankt alle 100.000 Jahre); Schwankung der Erdneigung (zwischen 24 und 20 Grad); Erde eiert mal mehr mal weniger stark um ihre Umlaufbahn (Zyklus von 21.000 Jahren). Diese drei Faktoren verändern die Sonneinstrahlung auf die Erde → Größe des Eisvolumens auf der Erde korreliert mit der Veränderung der Sonneneinstrahlung; dies führt zu Eiszeiten im Rhythmus von etwa allen 100.000 Jahren.

  • Es besteht eine Spanne von etwa 10 Grad zwischen kalten und warmen Perioden in diesen 100.000 Jahren; in warmen Perioden ist die CO2-Konzentration dabei nie über 300 ppm; heute steht sie unter menschlichem Einfluss bereits bei über 400 ppm → Wir haben die Bandbreite natürlicher Schwankungen bereits längst verlassen.

  • Erstaunliche Stabilität des Klimas in den letzten 10.000 Jahren, teilweise 0,5, Grad wärmer als die Vergleichsperiode 1961-1990 (Holozänes Klimaoptikum)

  • Eingriffe des Menschen ins Klima bereits vor etwa 7.000 Jahren: Veränderung der Methankonzentration bis dahin immer sehr stark der Sonneinstrahlung gefolgt; vor ca. 5.000 Jahren unterbrochen → Umkehr der natürlichen Tendenz hängt mit Anfang des Reisanbaus in Südost-Asien zusammen; vor 7-8.000 Jahren ging die CO2-Konzentration gegen den natürlichen Trend wieder nach oben → fällt zusammen mit Beginn des Ackerbaus

  • Gab es schon einmal Perioden, in denen die Konzentration von CO2 so hoch war wie heute in der Vergangenheit? → das letzte Mal vor 10-20 Mio. Jahren; damals war der Meeresspiegel etwa 20m höher als heute, es gab einen Temperaturstprung von 10 Grad der Durchschnittstemperatur in der Nördlichen Hemisphäre.

  • Wichtig: Alle gängigen Szenarien des Weltklimarats rechnen nur bis zum Jahr 2100. Aber die Erwärmung geht danach weiter, denn: das CO2 in der Atmosphäre ist noch nicht zum Tragen gekommen in der beobachtbaren Veränderung, die Klimaveränderung hinkt der Veränderung der CO2-Konzentration hinterher.

 

Häufig vorgebrachte Argumente von Klimaschützern und Klimaleugnern

 

Klimaskeptiker:

  • „Der Einfluss des Menschen auf die CO2-Konzentratoin in der Atmosphäre ist gering“ Stimmt überhaupt nicht. Selbst kleine zivilisatorische Veränderungen wie etwa der Beginn des Reisanbaus in Südost-Asiens haben sehr großen Einfluss auf die CO2-Konzentration in der Atmosphäre, umso mehr die moderne Massengesellschaft. Der Mensch ist schon längst treibender Faktor des Klimawandels.

  • „Es wird keine Erwärmung geben, weil der Golfstrom abreißt – wie bei 'The Day after Tomorrow'“ Für Europa mag das bedeuten, dass sich das Klima nicht so sehr erwärmt, bei früheren ähnlichen Phänomenen führte das Anhalten des Golfstroms jedoch zu starken Erwärmungen des Klimas global.

  • „im letzten Winter wurden in Deutschland zahlreiche Kälterekorde aufgestellt.“ Das stimmt, spricht aber nicht gegen eine allgemeine Erwärmung. Was sich verändert sind vor allem die Temperaturunterschiede zwischen den Polen und dem Äquator (stärkere Erwärmung an den Polen durch Eisschmelze) Der Klimawandel verstärkt in Mitteleuropa die Klimaextreme, u.a. auch weil durch den verlangsamten Golfstrom der für uns typische Westwind weniger konsistent ist und sich Wetterlagen länger halten.

 

Klimaschützer:

  • „Das Klima war noch nie so warm wie heute“ das stimmt nicht ganz, wir leben in einer eher kühleren Periode der Erdgeschichte; frühere Erdzeitalter waren wärmer. Aber zentral ist, der Auslöser der jetzt stattfindenen Erwärmung ist ein anderer, sind wir Menschen durch die Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre.

  • „Noch nie hat sich das Klima in so kurzer Zeit verändert“, stimmt auch nicht ganz (eingangsbeispiel Golfstrom, Das heißt aber nicht, dass die jetzigen Veränderungen nicht sehr großen Einfluss auf bestehende Ökosysteme bedeuten.

  • „Wir können Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen.“ Leider ist das Ziel illusorisch; Wir stehen bereits bei 1,2 Grad Erwärmung. Richtiger Schluss aber trotzdem: Jedes Zehntel Grad Erwärmung, das wir verhindern, wird uns wirtschaftliche Kosten einsparen, die wir mit dem ungebremsten Klimawandel tragen müssen. Das muss das Ziel sein.

 

Um gegen Leugner:innen des menschengemachten Klimawandels gut argumentieren zu können, müssen wir auch korrekt argumentieren, sonst werden Aussagen angreifbar.

 

Nach Fragen und Diskussion über die Möglichkeiten von Flutkatastrophen (und bereits erfolgten Überschwemmungen in den letzten Jahrzehnten) in Freiburg und Umgebung, die Schwere des Methanausstoßes durch Auftauen der Permafrostböden (es gibt keine historischen Vergleiche) und die Massentierhaltung als Methanquelle blieb aus dieser Sitzung vor allem der Auftrag zurück: Aufklärungsarbeit leisten über die Schwere der Entwicklung, konkret in Baden-Württemberg: Notwendigkeit der Geothermie, da Wind- und Solarenergie nicht reichen werden. Wichtig ist korrekte und breite Aufklärung, da häufig falsche Informationen in die Debatte eingeführt werden.