Bericht aus Stuttgart

Veröffentlicht am 19.12.2019 in Landespolitik

In dieser Woche haben wir den Staatshaushalt 2020/21 im Landtag von Baden-Württemberg beschlossen. Dem Beschluss gingen drei Tage intensiver Beratung in der vergangenen Woche voraus, bei der nicht nur Sitzfleisch, sondern auch politische Argumentation gefragt waren. Damit ihr euch ein Bild von den Schwerpunkten der SPD-Landtagsfraktion machen könnt, berichte ich über die Diskussion der Einzelpläne, wobei hier nur noch die politisch herausragenden Anträge abgestimmt wurden:

Einzelplan 1 Landtag
Wie kann es anders sein: Die Rechtsextremen, sprich die AfD, haben Anträge gestellt, den deutschen Opfern der Kriege stärker zu gedenken und die Beiträge für die Arbeit der Landeszentrale für politische Bildung zu kürzen. Die Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP haben für die Friedensbildung einen Betrag von 50.000 Euro beschlossen.

Einzelplan 2 Staatsministerium
Diese Diskussion wird als Generaldebatte über die Politik der Landesregierung geführt, das heißt, das ist die Zeit der Fraktionsvorsitzenden. Andreas Stoch hat der Landesregierung vorgeworfen, dass sie trotz hervorragender Haushaltsjahre keine echten Schwerpunkte zur Zukunftsfähigkeit des Landes setze, sondern überall etwas hinzugebe - das nennt man landläufig Gießkannenprinzip.
Wir haben hier Ausgaben in Frage gestellt, die zu keinem Mehrwert führen, wie zum Beispiel ein „InnoLab BW“ als ressort- und disziplinübergreifende „Denkfabrik“, den Normenkontrollrat sowie der Öffentlichkeitsarbeit des Ministerpräsidenten.
Bemerkenswert sind in diesem Bereich die Anträge der Rechtsextremen auf Abschaffung der Donaustrategie und Beendigung der internationalen Zusammenarbeit.

Einzelplan 3 Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration
Mehr Geld für Polizei fand auch die Zustimmung der SPD-Fraktion. Die Übernahme der Integrationskräfte für die Geflüchteten war bei der Regierung eine schwere Geburt. Erst am Tag vorher ist es gelungen, mit den Städten und Gemeinden eine Einigung hierüber zu erzielen. Für uns war diese lange Hängepartie nicht in Ordnung. Die Integration von Geflüchteten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, mit der man die Kommunen nicht alleine lassen darf. Im Gegensatz dazu haben die Rechtsextremen die Abschaffung des Flüchtlingsrates beantragt. Leider hat der Antrag, die Sicherheitseinrichtungen für die israelitischen Gemeinden in Baden und in Württemberg besser auszustatten, keine Mehrheit gefunden.

Einzelplan 4 Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Unsere Anträge, die Aushilfslehrkräfte auch über die Sommerferien zu beschäftigten, wurde ein weiteres Mal abgelehnt. Zwar gibt es für den Sportstättenbau und den Schwimmunterricht mehr Geld, aber eben nicht für die Sanierung der Schwimmbäder (15 Mio. Euro). Stattdessen wurde von den Regierungsfraktionen eine Investition für das Gestüt Marbach von 40 Mio. Euro beschlossen – ohne Konzept. Eine Umlandgemeinde muss wohl ihr Hallenbad schließen, weil sie die Sanierung nicht mehr finanzieren kann.
Selbstverständlich haben wir in diesem Bereich auch das Geld für die gebührenfreie Kindertagesstätte beantragt.
Ein für uns auch wichtiger Punkt war ein Programm für Berufseinsteiger, um den Übergang von Schule in Beruf besser zu fördern. Leider wurden auch diese Anträge abgelehnt.

Einzelplan 5 Ministerium für Justiz und Europa (und Tourismus)
Die zusätzlichen Stellen für den Justizdienst in Gefängnissen und Gerichten haben wir gerne zugestimmt. Das stand auch auf unserer Agenda. Kritisiert haben wir die Frankreichstrategie der Landesregierung, die leider wenig Konkretes beinhaltet. Hier sehen wir großen Handlungsbedarf. Leider haben die Regierungsfraktionen unserem Antrag, die gastronomische Infrastruktur zu verbessern, insbesondere in ländlichen Gebieten, nicht zugestimmt.
Die Rechtsextremen haben in diesem Bereich die Kürzung der Öffentlichkeitsarbeit der Landesvertretung in Berlin und Brüssel, sowie den Kauf eines baden-württembergischen Tasteninstrumentes beantragt. Diesen Anträgen hat aber niemand zugestimmt.

Einzelplan 7 Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau
Für unsere Anträge, den Arbeitsschutz zu verbessern, eine landeseigene Wohnungsgesellschaft zu bilden und einen Weiterbildungsfonds für kleine Unternehmen und ihre Beschäftigten einzurichten, haben wir leider keine Mehrheit gefunden. Diese Themen haben wir auch heftig diskutiert. Wer weiß, vielleicht gelingt es auch hier wieder, dass bei der Regierung nach einer gewissen Zeit Einsicht einzieht.
Der Angriff auf die Frauenförderung kam hier auch diesmal wieder von den Rechtsextremen, dem niemand zugestimmt hat.

Einzelplan 9 Ministerium für Soziales und Integration
Wir haben versucht, für die Kurzzeit- und Tagespflege Geld in den Haushalt zu bringen. Der Sozialminister sieht dafür allerdings keine Notwendigkeit. Was ich selbst noch nicht richtig verstehe: Die Landesregierung sagt, es gebe genug Plätze – sie könnten aber nicht vergeben werden, weil das Personal dazu fehle. Leider hatten wir darauf (noch) keine Antwort.
In der letzten Sitzung vor Beschluss des Staatshaushalts haben die Regierungsfraktionen noch die Kurve gekriegt und mehrere Millionen für die Eingliederungshilfe bei den Städten und Gemeinden locker gemacht und für die Integration der geduldeten Flüchtlinge.

Einzelplan 10 Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
Diesem Einzelplan haben wir zugestimmt. Es gibt 680 Mio. Euro für diesen Bereich. Allerdings besteht auch dringender Handlungsbedarf. Baden-Württemberg hat sein Ziel, 25% weniger CO2 auszustoßen, ziemlich verpasst – es wurde bis 2020 nur eine Reduzierung um 12% im Vergleich zu 1990 erzielt. Im Naturschutz haben wir nun fast das Ziel, 100 Mio. Euro zur Verfügung zu stellen, erreicht. Damit lässt sich nun auch wirklich arbeiten.
Übrigens: Die Rechtsextremen wollten wieder ein Institut für Kernenergieforschung einrichten.

Einzelplan 13 Verkehrsministerium
Wir haben leider keine Mehrheit für das 365-Euro-Ticket bekommen – gerne wären wir einge-stiegen mit einem günstigen Ticket landesweit für Schüler*innen, Azubis, Senior*innen und einem Sozialticket. Angemahnt haben wir, dass es immer noch nicht gelungen ist, ein Semesterticket einzuführen. Verkehrs- und Wissenschaftsminister*in lassen die Studierenden im Regen stehen.
Dennoch wird viel mehr Geld für den ÖPNV ausgegeben. So hat der Bund viel mehr Geld zur Verfügung gestellt. Damit wird die Elektrifizierung von Bahnstrecken zu 90% bezuschusst, der Ausbau von Verkehrswegen zu 75%. Was auch nicht ganz unwichtig ist: die Bahnübergänge werden zukünftig nur noch von Bund und Land unterhalten. Die Städte und Gemeinden werden nicht mehr zur Finanzierung herangezogen. Sinnvoll ist auch der Lückenschluss der Radwege. Die Rechtsextre-men haben den Ausbau einer Südautobahn durch den Schwarzwald beantragt.

Einzelplan 14 Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
In diesem Einzelplan wird sehr deutlich, dass verschiedene Wahlkreisabgeordnete in ihre Kunst- und Kultureinrichtungen Geld fließen lassen. Das ist natürlich bei so vollen Kassen nicht unüblich. Selbstverständlich haben wir im Hintergrund auch dazu beigetragen. Für den Kulturbereich wird 30% mehr Geld ausgegeben.
Wir waren überhaupt nicht zufrieden damit, dass die Hochschulen nicht so viel Geld bekommen, wie sie eigentlich als Bedarf durch die Wissenschaftsministerin anerkannt bekommen haben. In meiner Haushaltsrede habe ich dies nochmal deutlich gemacht. Ferner sind uns die Regierungs-fraktionen auch nicht darin gefolgt, als wir den Aufbau von Studienplätzen im Bereich der Gesundheitsberufe wie auch die Einrichtung weiterer Studienplätze in der Kindheitspädagogik, dem Grundschullehramt und der Sonderpädagogik beantragt haben.
Der Ausbau der Medizinstudienplätze wird erst zeitversetzt kommen. Die Hälfte soll davon an Studierende vergeben werden, die sich verpflichten, nach ihrem Studium eine Landarztpraxis aufzumachen. Wir halten das nicht für sinnvoll. Das bedeutet nämlich, dass die Studienanfänger mit 17 oder 18 Jahren sich dazu verpflichten müssen, was sie 10 Jahre später machen. Wir meinen, das darf von so jungen Menschen nicht erwartet werden. Außerdem führt das oft in eine Sackgasse – nach 10 Jahren Landarztpraxis ist es oft nicht mehr möglich, an ein Klinikum oder gar in den Forschungsbereich zurück zu gehen. Wir sind der Auffassung, dass es dazu andere Konzepte geben muss als die Landarztquote.
Die Rechtsextremen haben auch in diesem Bereich alle Programme zur Förderung von Frauen auf Null gesetzt.
Selbstverständlich haben wir auch in diesem Haushalt gegen die Einnahmen aus den Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen gestimmt. Nach wie vor sind wir der Auffassung, dass Studiengebühren ungerecht und unsozial sind und auch nicht für die Ausbildung von Fachkräften helfen.

Die Einzelpläne 16 Verfassungsgerichtshof und 11 Rechnungshof werden nicht diskutiert, weil sie die Prüfung der Arbeit im Parlament und in den Ministerien zum Inhalt haben. Sie sind aber auch sehr übersichtlich und haben eine einstimmige Mehrheit gefunden.
Den Gesamthaushalt 2020/21 haben wir abgelehnt. Zu viele Anträge von uns wurden abgelehnt. Außerdem gilt die eiserne Regel: Einen Haushalt mit Studiengebühren lehnen wir ab!


Ich hoffe, Ihr konntet einen kleinen Einblick in die Arbeit der vergangenen Wochen bekommen.
Ich wünsche Euch nun ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Start in das Freiburger Jubiläumsjahr 2020.

Eure

Gabi Rolland