U-Ausschuss Ludwigsburg: Fehleinschätzungen und Selbstherrlichkeit im Wissenschaftsministerium

Veröffentlicht am 07.10.2019 in Pressemitteilungen

Gabi Rolland, Obfrau der SPD-Landtagsfraktion im Untersuchungsausschuss Zulagen Ludwigsburg, fasst die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses ‚Zulagen Ludwigsburg‘ wie folgt zusammen:

„Die Arbeit des Untersuchungsausschusses hat in mehrfacher Hinsicht gezeigt, wie Wissenschaftsministerin Theresia Bauer und ihr Haus bei der Aufarbeitung der Zulagenaffäre und der anschließenden Führungskrise an der Ludwigsburger Hochschule für Verwaltung und Finanzen versagt haben. Sie überzeugten vor allem mit Selbstherrlichkeit und Fehleinschätzungen. Es mangelte an Aufklärungswillen, Fürsorgepflicht und notwendiger Neutralität.

So hat das Ministerium viel zu spät der rechtswidrigen Zulagenvergabe die notwendige Bedeutung beigemessen, die eigentlich schon mit Bekanntwerden der schweren Vorwürfe und zweier entsprechender Gutachten spätestens im September 2012 von Nöten gewesen wäre. Mit der bewussten Delegation der Hauptverantwortung an Rektorin Dr. Stöckle und der Weigerung, sich an einer vollumfänglichen Aufklärung und Lösung der Zulagenaffäre zu beteiligen, haben Abteilungs- und Referatsleitung maßgeblich zu der daraus erwachsenen Führungs- und Vertrauenskrise beigetragen. Und das auch, weil sie es lange versäumt haben, ihre Ministerin vollumfänglich zu informieren.

Mit der Causa Ludwigsburg hat sich gezeigt, dass die Unterstützung der Hochschulen bei der Vergabe von Leistungszulagen unzureichend war, die Hochschulautonomie an ihre Grenzen gestoßen ist und es hier einer größeren Rechts- und Fachaufsicht seitens des Ministeriums bedarf. Die Anklageerhebung der Stuttgarter Staatsanwaltschaft 2017, die Arbeit des Untersuchungsausschusses und das Aufdecken vieler weiterer rechtswidriger Zulagen, insbesondere an der Hochschule Konstanz, haben dazu geführt, dass sich das Wissenschaftsministerium dieses Themas angenommen, diverse Handreichungen und Checklisten zur Zulagenvergabe erarbeitet und herausgegeben hat und schlussendlich ein eigenes Referat zur Unterstützung der Hochschulen bei allen Fragen rund um die Zulagenvergabe eingerichtet hat.

Unterschätzt hat das Ministerium im weiteren Verlauf auch die Kräfte in der Hochschule, insbesondere diejenigen rund um die rechtswidrigen Zulagenempfänger, die danach trachteten, die Rektorin in ihrem Aufklärungswillen zu schwächen. Als gravierende Fehleinschätzung in diesem Zusammenhang muss man die Tatsache bewerten, dass sich Referent, Referats- und Abteilungsleiter monatelang mit Aufkommen der Resolution von der damaligen Hochschulkanzlerin buchstäblich ‚am Nasenring durch die Arena‘ haben führen lassen und damit das Mobbing gegen Rektorin Dr. Stöckle und ihre weitere Schwächung an der Hochschule befördert haben.

Rektorin Dr. Stöckle kämpfte nach Bekanntwerden der Resolution auf verlorenem Posten, gerade auch deshalb, weil sie nicht einmal ihre direkte Vorgesetzte – Ministerin Theresia Bauer – auf ihrer Seite wusste. Diese und ihr Haus hatten sich sehr schnell nach Bekanntwerden der Resolution auf die Seite der großen Mehrheit geschlagen. Und genau hier begann dann auch endgültig das Versagen der Ministerin. Hätte sie einen echten Aufklärungswillen bei den Vorgängen an der Hochschule gehabt, so wäre sie selbst aktiv geworden und hätte das so oft angefragte Gespräch mit Rektorin Dr. Stöckle gesucht. Aber für sie war es einfacher, dem Credo der breiten Mehrheit zu folgen und alles erdenklich Notwendige in die Wege zu leiten, um den Rücktritt oder die Abwahl der Rektorin zu erreichen. Das Thema Fürsorgepflicht als Dienstvorgesetzte gegenüber ihrer Rektorin hat dabei bedauerlicherweise nie eine Rolle gespielt. Die von ihr auch im Untersuchungsausschuss behauptete Neutralität bei der Bewertung der Vorgänge hat es nie gegeben. Auch eine disziplinarrechtliche Würdigung gegenüber den Anstachlern unterblieb lange. Erst der Untersuchungsausschuss hat mit seiner Arbeit dafür gesorgt, dass die Vorgänge rund um die Resolution tiefer untersucht wurden und auch das Wissenschaftsministerium sich nachträglich mit den disziplinarrechtlichen Konsequenzen für Mitglieder der Hochschule auseinandersetzen musste.

Mit Spannung erwarten wir das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim zur Klage von Dr. Stöckle gegen die vorzeitige Beendigung ihres Amtes als Rektorin der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg und den nun beginnenden Prozess gegen den ehemaligen Rektor und den ehemaligen Kanzler der Hochschule wegen gemeinschaftlicher Untreue vor dem Landgericht Stuttgart. Für beide Prozesse hat der Untersuchungsausschuss zusätzliche Anhaltspunkte und Beweise geliefert, die zum einen Ministerin Theresia Bauer und ihr Haus in keinem guten Licht stehen lassen und zum anderen zeigen, wie bewusst rechtswidrig die Zulagenvergabe 2011 an der Ludwigsburger Hochschule erfolgte.

Deshalb begrüßen wir es, dass nun das Verfahren gegen die 13 Professoren, die seit Ende 2011 rechtswidrig Leistungsbezüge in Form von Berufszulagen erhalten, eröffnet wurde. Auch damit sehen wir unsere Arbeit im Untersuchungsausschuss eindeutig bestätigt. Wir teilen vollumfänglich die Meinung der Staatsanwaltschaft, dass besagte Professoren bewusst die Rechtswidrigkeit der Zulagengewährung in Kauf genommen haben, um sich dadurch erhebliche finanzielle Vorteile zu verschaffen.

Gern hätten wir auch die Vorgänge rund um die rechtswidrige Vergabe von Zulagen an der Konstanzer Hochschule im Untersuchungsausschuss weiter aufgeklärt. Leider ist es den zeitlichen Umständen geschuldet, dass dies nicht möglich war. Auch hier bleiben viele Fragen noch ungeklärt. Es wird sich zeigen, ob wir mit Hilfe des Wissenschaftsausschusses die nötige Aufklärung erfahren werden. Aus unserer Sicht sollte die Aufarbeitung der fehlerhaften Zulagengewährung an allen Hochschulen des Landes (inklusive HTWG Konstanz) bis zum Jahresende 2019 abgeschlossen sein.“